Etappe 18 Camping Mageli - Ringebu


Der Anblick dieser wunderbaren Stabkirche an einem sehr gut ausgesuchten Standort stand heute am Abschluss eines wieder recht anstrengenden Pilgertages. Auch die "Jungpilgerin" wurde heute streckenweise an ihre Grenzen geführt.

Nach dem sehr harten gestrigen Tag und einer nicht sonderlich guten Nacht zu zweit im Minizelt, waren uns die Kräfte nicht zugewachsen, die wir für die etwa 20 Kilometer inclusive fast 800 Höhenmeter gebraucht hätten. So wurde im Pilgerrat kurzfristig entschieden, für einen Teil der Strecke die Hilfe des ÖPNV in Anspruch zu nehmen. Wenn man ans Ziel kommen will, muss man als Pilger gut zu sich sein und manchmal auch zu solchen Mitteln greifen. So  wanderten wir zunächst einen Kilometer quasi als "Warmlaufstrecke" zur Bushaltestelle entlang der E6.  Dann ging es von dort mit dem Bus bis nach Favang. 

In Favang verläuft der Olavsweg unten am Fluss durch den Ort, um sofort wieder nach oben an den Berghang über das Tal zu führen.

Steile Aufstiege mit sehr durchfeuchtetem Gelände machten es uns nicht leicht. Gefühlt ging es den ganzen Tag wieder fast ausschließlich bergan. Ich hatte ehrlich gesagt ein bisschen Angst um meine Achillessehnen und die Wadenmuskulatur.

Etwas irritiert waren wir, als plötzlich immer wieder Schüsse durch das Tal peitschten. Ein Jäger? Nein, so oft hintereinander schießt der nicht. Nach ein paar hundert Metern klärte es sich auf, wir waren an einem Schießplatz entlanggelaufen und man war hier offensichtlich dabei, zu trainieren. Interessant, wie unterschiedlich sich die einzelnen Schüsse angehört haben. 

An einer der heute sehr seltenen Pilgerbänke machten wir Rast und bald gesellte sich eine nette norwegische Wandergruppe zu uns. 

Wir unterhielten uns und fragten nach dem Woher und Wohin und wünschten uns einen gesegneten Weg. Sonst begegneten wir heute keinen Pilgern. Auf dem Campingplatz haben wir etliche gesehen, aber sie werden wohl alle irgendwo heute zelten. 

Das Wetter wechselte heute ständig zwischen Sonne und Regen. Ich habe meine Regenjacke noch nie so oft an- und ausgezogen wie am heutigen Tag. Glücklicherweise waren es immer recht kurze Episoden, denn Unterstellmöglichkeiten gab es kaum. Dafür immer wieder schöne Ausblicke ins Tal. So führte unser Weg heute über ungefähr 10 Kilometer immer hinauf und hinab, selten gab es einmal Strecken zur "Erholung". 
Mutter Natur meinte es heute  allerdings gut mit uns und so gab es immer wieder mal einen Vitaminstoß direkt vom Strauch. Das tat gut👍

Gegen 14.30 Uhr kamen wir in Ringebu an, die letzten 700 Meter führte der Weg durch den Matsch auf völlig durchgeweichten Pfaden nach unten. 

Von weitem hörten wir die Glocken läuten. Vermutlich eine Beerdigung, kombinierte sogleich mein Pastorenhirn. So war es dann auch. Der Friedhof und die Kirche waren gesperrt. Gut 100 Trauergäste standen um die Grabstelle herum. Von den beiden "Türwächtern" am Friedhofstor erhielten wir zunächst unsere Stempel für den Pilgerpass und beide vertrösteten uns auf später. 

So liefen wir noch die paar Schritte weiter bis zum alten Prestegarden, dem ehemaligen Pfarrhaus mit seinem opulenten Gartengrundstück. Heute ist hier eine kleine Künstlerkolonie, es wird gemalt, ausgestellt und verkauft, meist Landschaftsbilder mit Motiven aus dem Gudbrandstal. Daneben gibt es ein nettes Cafe mit frisch gebackenen Waffeln und Kuchen im Haus. Der Kaffee tat unendlich gut. Und auch das "Refill" - Prinzip, das wir ja schon von Ikea kennen, ist einfach klasse. Einen Stempel fand die junge Dame an der Kasse auch noch! Pilgerherz, was willst du mehr?

Am Prestegarden trafen wir auf einen jungen Deutschen, der mit dem Fahrrad in Norwegen unterwegs war und von Trondheim aus über Fjordnorwegen und denl Jotunheimen Nationalpark hier gelandet war. 

Frisch gestärkt von Kaffee und Waffel führte uns der Weg dann noch einmal zur Stabkirche. Inzwischen schien wieder die Sonne und wir konnten die Kirche auch von innen in Augenschein nehmen. Vieles hat mich an die Stabkirche in Lom erinnert. Was diese Kirche einfach so einzigartig macht sind die Lage und der Blick ins Tal. 

Unser Pilgerdomizil für heute liegt nur einen Steinwurf von der Kirche entfernt. Gildesvollen wird es genannt, muss früher auch mal ein Pfarrhaus gewesen sein. Ein holländisches/norwegisches Ehepaar lebt hier seit Jahrzehnten und betreibt neben einer Imkerei eine Holzkunstwerkstatt. Vom Brettchen oder Teller bis zum Honiglöffel gibt es hier einfach alles👍😀.

Wir haben das ganze Haus für uns und genießen es in vollen Zügen. Die Waschmaschine läuft bereits, das Zelt hängt zum Trocknen am Wandregal und wir planen jetzt die nächsten beiden Tage. Morgen werde ich irgendwann die 300 Kilometermarke erreichen und übermorgen feiere ich wahrscheinlich schon Bergfest👍.

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