Etappe 26 Budjord - Fokstugu Traum und Alptraum zugleich!

Die heutige Etappe war im Vorfeld immer meine "Angstetappe". Und der Respekt vor dieser Etappe ins Fjell war auch berechtigt. Es geht über einen 10 Kilometer langen Anstieg bis zum höchsten Punkt, den Allmansrøysa in über 1000 Metern Höhe. Vom Allmansrøysa an geht es dann nur noch bergab bis zur Herberge Fokstugu. Insgesamt knapp 14 Kilometer.

Gestern Abend zog ich innerhalb meines ehemaligen Stalles um und suchte mir eine etwas wohnlichere Ecke mit einem etwas besseren Bett und hatte auch eine passable Nacht, wenngleich mich die vielen Fliegen am Morgen geärgert haben.

Das Frühstück in Budjord war sehr lecker und sorgte für die notwendige Energie für den beschwerlichen Aufstieg. So mancher Zaungast säumte unseren Weg, zu dem wir zu viert, drei Deutsche und eine junge Holländerin, gegen halb 10 gemeinsam aufbrachen. 
Ich habe dreißig Euro in den Gepäcktransport investiert und bin nur mit kleinem Verpflegungsbeutel auf den Weg gegangen. Es sollte die wohl beste Investition der ganzen Pilgertour werden. 

Der Weg stieg bald nach der Herberge steil an und forderte ganz viel Kraft und Luft. Das hätte ich mit Rucksack wohl nicht hinbekommen. Über vierhundert Höhenmeter waren das auf den ersten drei Kilometern. Total erschöpft, aber auch geflasht von dem tollen Ausblick, kamen wir langsam aber sicher im Fjell an. Die Vegetation hat sich im Laufe des Aufstiegs komplett verändert. Es gab keine Bäume mehr, nur Büsche, Moose und Flechten.
Bis dahin hat das Wetter gehalten, was die Vorhersage angekündigt hat. Das sollte sich bald ändern.

Nachdem wir im Fjell angekommen waren, lag noch ein Bergrücken vor uns, der aber in sanften Schwüngen des Weges von uns locker überwunden wurde.

Auf diesem Weg war ich mit Peter im Gespräch, der gestern beim Ankommenskäffchen in Budjord schon mit mir zusammensaß. Ich hatte da schon so meinen "Verdacht". Jedenfalls fragte er mich im Verlauf unseres Gesprächs, was ich eigentlich beruflich mache. Als ich ihm erzählte, was meine Profession ist, lachte er laut und gab mir die Hand: Wir sind Amtskollegen 😊!
Da hatten wir natürlich für den Rest des Weges ausreichend Gesprächsstoff!

Langsam machte ich mir ein paar Sorgen beim Blick gen Himmel. Es sollte eigentlich heute trocken bleiben. 
Nur noch ein kleines Stück und dann standen wir vor der berühmten Steinpyramide Allmansrøysa. An dieser Stelle, dem höchsten Punkt der Tagestour, legen Pilger symbolisch einen Stein ab, um eine Schuld, eine Sorge oder auch einen Lebensabschnitt abzulegen. 

Ich hatte irgendwie nicht daran gedacht, zu Hause einen Stein einzustecken. Peter auch nicht. Er hatte dann auch gleich die richtige theologische Erklärung parat: Wir sind doch evangelisch, da sind wir doch gerechtfertigt allein aus Gnade! Wo er Recht hat ...

Wir waren gerade an der Steinpyramide angekommen, da öffnete der Himmel seine Schleusen. Es fing stark an zu regnen und binnen Minuten verwandelte sich das ganze Fjell in eine Sumpflandschaft. 

Es ging nur noch bergab von hier aus. Das war gut. Aber überall stand das Wasser. Das war schlecht. Nur kurze Zeit versuchte ich, immer irgendwie einen trockenen Pfad zu finden, aber das war sinnlos. Alles, aber wirklich alles, stand knöcheltief unter Wasser 

Schuhe, Strümpfe, Hosenbeine, alles war binnen weniger Minuten klitschnass und verschlammt. 
Auch beim Überqueren der beiden Bäche, die sich ins Tal stürzten, halfen die Behelfsbrücken auch nur, überhaupt ans andere Ufer zu gelangen. Irgendwann hab ich es aufgegeben, nach dem besten Weg zu schauen und bin einfach den Markierungen gefolgt. 

Nach einer guten Stunde hörte es auf zu regnen, aber das half dann auch nichts mehr.
Gut zwei Stunden hat der Marsch durch den Matsch gedauert, bis endlich unsere heutige Unterkunft zu sehen war. Fokstugu ist eine der bedeutendsten Herbergen auf dem Weg. Der höchstgelegene Bauernhof in Norwegen, der noch aktiv bewirtschaftet wird. Für die Pilger gibt es extra eine Kapelle in der heute nach der Tagesschau auch eine Andacht gefeiert wird. 

Da gehen wir natürlich hin. 

Morgen soll es schön werden. Na, lassen wir uns überraschen...

Kommentare

  1. Lieber Martin, hätten wir dir verraten sollen, dass es in den norwegischen Bergen immer durch Matsche-Patsche geht, egal ob es geregnet hat oder nicht? Etwas Wasser muss aber auch wieder den Berg runter, sonst gäbe es die fantastischen Wasserfälle nicht. God tur vifere. C&A

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    1. Ja das hätte ich wissen sollen, dann hätte ich mir ein paar Gummistiefel mitgenommen 😉. Ich kenn das allerdings wirklich auch anders, bei unserem letzten Besuch im Fjell vor ein paar Jahren war alles fein trocken😀

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